Prélude op.28 Nr.4 in e-moll

Ein schönes Klagelied ist dieses 4. Prélude in e-moll, doch bei weiten nicht so abgründig, trostlos und herzzerreißend dissonant wie das zweite Prélude in a-moll.

Friedrich Niecks nennt das vierte Prélude in e-moll wahrheitsgetreu

"ein kleines Gedicht, dessen unsagbar süße, träumerische Nachdenklichkeit sich der Beschreibung entzieht. Der Komponist scheint in die enge Sphäre seines Ich absorbiert zu sein und er hält sich hier von der weiten, lärmenden welt abgeschlossen."

Willeby findet, dieses Prélude sei

"eine der schönsten jender für dne Augenblick entstandenen Skizzen; denn es sind nicht mehr als Skizzen. Die Melodie scheint wehmütig zu klagen und erreicht die größte Vertiefung im Stretto."

Für Karasowski ist das Werk "ein wahrer Juwek, es würde allein den Namen Chopins als Dichter unsterblich machen." Das Stück hat jedenfalls Rubinstein zur Behauptung vernlasst, dass die Préludes die Perlen von Chopins Kunst seien. In der Klindworth-Ausgabe, im fünften Takt vor dem Schluss hat der Herausgeber die Harmonien der ersten sechs Noten in der linken Hand verstärkt, indem er Terzen hinzufügte, die wohl nicht störend, aber ganz unötig sind. Kullak macht einige neue dynamische Markierungen und mehrere enharmonische Veränderungen. auch er gibt für das Metronom 69 auf die Viertelnote an. Dieses winzige Prélude enthält die wunderbarste Musik. Die feierliche Wiederholung des Themas mag Peter Cornelius zu seinem Lied "Ein Ton" angeregt haben. Chopin breitet hier eine melodische Einheit in eigenartigster Schwermut aus. Das Ganze erscheint wie ein Gemälde von Rembrandt. Des Rembrandt, der zuerst den Schatten dramatisierte, aus dem ein einziges Motiv wuchtig hervortritt. Auch hier erscheint das düstere Echo des Lichtes im Hintergrunde eines holländischen Interieurs. Zu seinem Hintergrund wählte Chopin die eigene Seele. Kein Künstler, außer Bach und Rembrandt, konnte so malen, wie Chopin es in diesem Werk getan hat. Die Verzweiflung hat hier den Zauber der Antike und wir sehen eine Breite, eine Würde, ein stolzes Sichfügen, die ganz verschieden von der gequälten, wimmernden Klage des zweiten Préludes sind. Das Bild ist klein, doch das Thema groß an innerer Bedeutung.

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Quellenangaben