Prélude op.28 Nr.8 in fis-moll

Ein Stück fast vom Kaliber der drei höchststehenden Etüden aus Opus 25 (Nr. 1, 11 und 12). Gegen Ende hin mit einer wunderschönen Verwandlung in Dur, bis der Schluss wieder den Mollcharakter hervorkehrt. Es ist ziemlich schwierig, dieses stupende und hinreißende Stück im richtigen Tempo mit den vielen Zweiunddreißigsteln wiederzugeben.

Statt von philosophischer Ernsthaftigkeit und etwas Geheimnisvollem ist das Stück von großer emotioneller Spannung und ienem Zustand lyrischer Erhabenheit geprägt. Dieses Prélude ist im Zyklus das erste in Moll, welches an eine schnelle Bewegung gebunden ist, nämlich Figurationen aus Zweiunddreißigsteln in der rechten Hand, bei denen man sich an eine Etüde erinnert fühlt - ähnlich wie in der pfeil Etüde op.25 Nr.1 hat Chopin auch hier die Ornamentfunktionen der Figurationen grafisch als solche gekennzeichnet, indem er diese kleiner als die übrigen Noten geschrieben hat.Von diesen Figurationen umrankt wird eine kantable Melodie im punktierten Rhythmus, deren lyrischer und kantilenenhafter Charakter und breiter Atem die ganzen 34 Takte des Stückes durchgehalten wird, obwohl sein einfacher tonaler Rahmen (welcher aus dem Sekundmotiv cis, d, cis hervorgeht) bereits ab dem dritten Takt des Themas gesprengt wird. In ihrem weiteren Fortgang verläuft die Melodie äußerst chromatisch.

Nach der ersten Phrase, die noch in fis-moll schließt, wird die Melodie unterschiedlichen motivischen Veränderungen unterzogen, gestützt von einer klanglichen reichen Harmonik: Figuren aus gebrochenen, chromatisch miteinander verbundenenen Vierklängen in der linken Hand, womit eine unaufhörliche Aufeinanderreihung von Spannungen erzeugt wird, die einer Zuordnung der Tonarten zu entweichen sucht. Wenn eine Tonartzugehörigkeit existiert, dann nur innerhalb eines halben oder ganzen Taktes, wobei die Tonarten sehr weit voneinander entfernt sind, wie zum Beispiel B-Dur, G-Dur, es-mol und Ces-Dur in den Takten 11-14. Ob Chopin geahnt hat, dass andere Komponisten in späteren Jahren die Idee ununterbrochener chromatischer Spannungsabläufe übernehmen würden und ihr in der weiteren Musikgeschichte daher eine wichtige Rolle zufiele, das bleibt sein Geheimnis. Was ihn eher beschäftigte, war eine klingende Formel zu finden, die jeder in deisem so persönlichen Werk enthaltenen Emotion angemessen war. Die lyrische Erhabenheit der Melodie und der Ausdruck der Begeisterung erreichen nach der Wiederkehr des Themas (Takt 19) ihren Höhepunkt, wenn im hohen Register zum zweifachen Forte angesetzt wird. Wenn man hier den Ausdruck un die Klangarabesken des Klaviers betrachtet, so ist dies zweifellos eine der bezauberndsten Stellen des gesamten Zyklus. Nach Verlassen des Höhepunktes gefriert die Melodie gleichsam auf einem Ton, und das Stück endet über die Tonikaparallele und die neapolitanische Subdominante mit einer wunderschönen chromatischen Kadenz.

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Quellenangaben