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Das Piano zu Chopins Zeiten

Als Chopin seine Zuhörer in den Salons des Adels von Paris verzauberte. entwickelte sich das Klavier in ganz Europa zum regel­rechten Volksinstrument. Führende Fabrikanten wie Erard und Pleyel in Paris, Broadwood in London, später auch Bechstein in Berlin und Steinway in New York setzten durchschnittlich 3000 Instrumente pro Jahr ab. Beinahe jeder meinte, Klavier lernen zu müssen, wenn möglich mit Hilfe eines so berühmten Lehrers wie Chopin.

Mehr als ein Jahrhundert vor Chopin begann der Italiener Bartolomeo Cristofori sich mit dem Problem zu beschäftigen, wie man ein gefühlvolleres Tasteninstrument als das Cembalo bauen könne. Da beim Cembalo die Saiten von einem hakenförmigen Kiel angerissen werden, hat die Anschlagsstärke des Spielers keinen Einfluss auf die Lautstärke des Instruments. Beim Pianoforte oder Fortepiano, wie das neue Instrument zunächst genannt wurde, werden die Saiten von Hämmern angeschlagen, so dass ein leichter Anschlag einen leisen Ton (piano) und ein starker Anschlag einen lauten Ton (forte) erzeugt, wodurch der Musik für Tasteninstrumente, besonders dem Klavier, ganz neue Aus­drucksmöglichkeiten erschlossen wurden.

Anfänglich hatte das frühe Piano noch einen ähnlich schwachen Klang wie sein Vorgänger, das Clavichord. und konnte im Konzertsaal bei weitem nicht mit dem Cembalo konkurrieren. Erst um 1790 war die neue Mechanik soweit entwickelt, dass sie das Cembalo allmählich verdrängen konnte, und Mozart komponierte bereits ausdrücklich für das Piano, das sich bald als Hauptwerkzeug des Berufskomponisten durchsetzte. Dennoch waren noch lange nicht alle Möglichkeiten des Instruments ausgeschöpft.

In den nächsten dreißig Jahren stellten das Publikum sowie Musiker und Kom­ponisten wie Beethoven immer höhere Anforderungen an das Piano und den Erfindergeist seiner Hersteller, so dass sich das Instrument und mit ihm auch die Musik zu einer in Mozarts Zeit noch undenkbaren Klangfülle und Ausdrucksvielfalt ent­wickelte.

Vor allem auf drei Gebieten wurden wichtige Verbesserungen vorgenommen: Zunächst wurde der Rahmenaufbau verstärkt, damit das Instrument die zunehmend vehementer werdenden Pianisten verkraften konnte. Besonders Franz Liszt war dafür bekannt, dass er gelegentlich bei Konzerten Klaviere zertrümmerte.

Auch der Klang wurde einigen Veränderungen und Verbesserungen unterzogen. Bei den frühen Instrumenten waren die Hämmer mit Leder bespannt und erzeugten dadurch einen zwar klaren, aber recht harten und dünnen Ton. 1820 ließ sich der Pariser Klavierbauer Pape seine Filzbespannung patentieren, die in Verbindung mit Saiten aus gehärtetem Stahl einen volleren, weicheren Klang erzeugten.

Schließlich wurde auch die Mechanik so weit verbessert, dass das virtuose Spiel von Chopin und Liszt überhaupt erst möglich wurde. Die bedeutendste Erfindung auf diesem Gebiet machte Sebastian Erard mit seiner so genannten doppelten Auslösung, mit der der Hammer nach dem Anschlag von der Saite zurückgeschnellt wird und damit die unmittelbare Wiederholung desselben Tons ermöglicht. Zu Mozarts Zeit brauchte der Hammer wesentlich länger, um in seine Ausgangsposition zurückzukehren, während er bei Erards Mechanik nur einen Bruchteil des Wegs zurückzulegen hatte, um wieder anschlagbereit zu sein.

Nicht weniger einflussreich war die Erweiterung des Tonumfangs. Mozart musste sich mit fünf Oktaven begnügen; Beethoven hatte sechs zur Verfügung und Chopin bereits sieben. Damit beherrschte das Piano den Konzertsaal und entwickelte sich zum beliebtesten Hausmusikinstrument.

Quellenangaben

Textauszug aus "Große Komponisten und ihre Zeit, Band 1 Heft 3 - Chopin"

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